Seit dem 1. November 2011 werden die 1&1 DSL und Mobilfunktarife von der 1&1 Telecom GmbH vertrieben. Bis dahin war der offizielle Vertragspartner die 1&1 Internet AG. Viele Kunden fragten sich daraufhin, ob aufgrund der 1&1 Umfirmierung ein Sonderkündigungsrecht besteht. Der Anbieter selbst verneint dies. Um die Frage zu nach einem resultierendem Sonderkündigungsrecht von einer unabhängigen Instanz beantworten zu lassen haben wir Rechtsanwalt Paul Raum um seine Meinung zum vorliegenden Fall gebeten. Seiner Auffassung nach besteht wegen der Umfirmierung für Kunden wohl kein Sonderkündigungsrecht.
Rechtsanwalt Paul Raum zum aktuellen Fall
Zunächst muss klar unterschieden werden, ob es sich um eine „Umfirmierung“ im Sinne einer identitätswahrenden Umwandlung oder Neubenennung einer Firma oder um einen tatsächlichen Wechsel des Schuldners handelt. Der BGH entschied hierzu in der jüngeren Vergangenheit, dass sich bei bloßer identitätswahrender Umwandlung (Rechtsformwechsel) einer Gesellschaft an den Vertragspartnern nichts ändert. Eine Kündigung gemäß § 314 BGB wäre daher ausgeschlossen. Bei bloßer Namensänderung wäre dies wohl ebenso zu beurteilen.
Anders ist es, wenn die Vertragspartner tatsächlich wechseln, denn dem Gläubiger einer Leistung darf im laufenden Vertragsverhältnis nicht einfach ein neuer Schuldner untergeschoben werden. Dies findet seinen Ausdruck beispielsweise in §§ 415 und 309 Nr. 10 BGB. Selbst durch AGB kann also nicht ohne Weiteres im Vorhinein festgelegt werden, dass die Verpflichtung von 1&1 auf einen neuen Vertragspartner übertragen werden darf. In seinen AGB Nr. 1.3 (DSL AGB) hat 1&1 allerdings festgehalten, dass es dem Kunden bei Übertragung des Vertrages auf einen Dritten freisteht, den Vertrag fristlos zu kündigen (dies sollte schnell geschehen, da ansonsten eine Verwirkung des Kündigungsrechtes in Betracht kommt). Eine Frist ist für die Ausübung des Kündigungsrechtes nicht vorgesehen. Fristlosigkeit der Kündigung bedeutet, der Vertrag endet ohne Übergangszeit sofort nach Zugang der Kündigung beim DSL Anbieter.
Übertragung an einen Dritten (1&1 Telecom GmbH) ist fraglich
Es ist allerdings die Frage, wie die Gründung einer Tochtergesellschaft (1&1 Telecom GmbH ist eine 100%ige Tochter der 1&1 Internet AG) zu bewerten ist, denn möglicherweise handelt es sich bei ihr nicht um einen Dritten. Dies ist in dem hier fraglichen Zusammenhang scheinbar noch nicht entschieden worden. Bloße Tochtergesellschaften sind regelmäßig rechtlich eigenständige, aber wirtschaftlich unselbstständige Firmen, welche von der Muttergesellschaft kontrolliert werden. Die rechtliche Eigenständigkeit spricht für die Einordnung als Dritten. Es spricht aber auch einiges dafür, die Tochtergesellschaft nicht als Dritten anzusehen. Denn tatsächlich behält die Tochtergesellschaft sowohl den Sitz, das komplette Leistungsspektrum und wahrscheinlich auch alles sonstige Betriebsinventar der 1&1 Internet AG bei, weil hier wohl eher eine Art Outsourcing stattgefunden hat. D.h. die Identität des Unternehmens bleibt trotzdem gleich.
Für die Kunden ändert sich gewissermaßen außer der Rechtsform und dem Namen gar nichts. Der BGH hat in seinen vergleichbaren Entscheidungen insbesondere auf diese Identitätswahrung abgestellt. Darüber hinaus sollen die o.g. Vorschriften des BGB den Vertragspartner davor schützen, dass ihm tatsächlich ein neuer Dritter untergeschoben wird, nicht davor, dass der Vertragspartner die Rechtsform oder den Namen ändert. Daher könnte es im Streitfall durchaus sein, dass die Gerichte gegen den kündigenden Kunden entscheiden. Es wäre daher auch in Anbetracht der überwiegend nicht allzu hohen Streitwerte zunächst zu prüfen, ob sich ein Rechtsstreit wegen der Kündigung überhaupt lohnen würde. Ansonsten sollten die regulären Kündigungsfristen genutzt werden.
Hinweis: Bei der vorliegenden Aussage von Rechtsanwalt Paul Raum handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung, welche eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen kann. Für die geäußerte Rechtsauffassung kann daher keine Haftung übernommen werden.
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